Melatonin – der stille Dirigent deiner Nacht
Du wirst müde, gähnst, deine Augenlider werden schwer – und irgendwann gleitest du in den Schlaf. Dahinter steckt ein faszinierender Botenstoff: Melatonin. Es wird oft als „Schlafhormon“ bezeichnet – doch es ist weit mehr als das. Es reguliert deinen Tag-Nacht-Rhythmus, beeinflusst deine Stimmung, deinen Stoffwechsel und sogar dein Immunsystem.
Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein Hormon, das in der Zirbeldrüse (Epiphyse) deines Gehirns produziert wird – und zwar hauptsächlich nachts. Es entsteht aus Serotonin, das wiederum aus der Aminosäure Tryptophan gebildet wird.
Aufgaben von Melatonin:
- reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus (zirkadiane Uhr)
- signalisiert dem Körper: „Es ist Nacht, Zeit zu ruhen“
- senkt Körpertemperatur, Blutdruck & Puls
- wirkt antioxidativ & immunmodulierend
- beeinflusst Hormonachsen (z. B. Cortisol, Wachstumshormon)
Wie läuft die Melatoninproduktion ab?
Tageszeit | Melatoninstatus |
---|---|
Tagsüber | Licht → Hemmung der Produktion |
Abend (ca. 20–22 Uhr) | beginnende Ausschüttung durch Dunkelheit |
Nacht (zwischen 2–4 Uhr) | Melatoninspiegel am höchsten |
Morgen (mit Licht) | Produktion wird gestoppt, Cortisol steigt |
Je dunkler und ruhiger die Umgebung, desto stärker steigt Melatonin.
Wodurch wird die Melatoninbildung gestört? ❌
- Blaulicht (Smartphones, Fernseher, LED-Lampen)
- Unregelmäßiger Schlafrhythmus
- Alkohol & Nikotin am Abend
- Stress / erhöhte Cortisolwerte
- Koffein am späten Tag
- Schichtarbeit / Jetlag / Lichtmangel
Besonders wichtig:
Bereits 1 Stunde Bildschirmzeit vor dem Schlafen kann die Melatoninbildung um bis zu 22 % hemmen.
Wie du deine natürliche Melatoninproduktion fördern kannst ✅
1. Abends Licht reduzieren
→ warme Lichtquellen nutzen (Kerze, Salzlampe, warmweißes Licht)
→ keine Deckenfluter oder kalte LEDs
2. Bildschirmzeit begrenzen oder filtern
→ Blaulichtfilter (Night Shift, f.lux)
→ Blaulichtblocker-Brille
→ ideal: Geräte 60 Minuten vor dem Schlafen meiden
3. Feste Schlafenszeiten einhalten
→ Körper gewöhnt sich an Rhythmus = konstantere Ausschüttung
4. Morgens ans Tageslicht gehen
→ unterdrückt Rest-Melatonin → klare Tag-Nacht-Abgrenzung
→ hilft der Zirbeldrüse, „abends pünktlich zu starten“
5. Melatonin-Vorstufen über Ernährung zuführen
→ Tryptophanreiche Lebensmittel: Haferflocken, Nüsse, Bananen, Eier, Linsen
→ Kombination mit Kohlenhydraten verbessert Aufnahme
Melatonin als Nahrungsergänzung – sinnvoll oder nicht?
Vorteile:
- bei Jetlag oder Schichtarbeit kann die Einnahme in niedriger Dosierung (0,3–1 mg) sinnvoll sein
- unterstützend bei Ein- & Durchschlafproblemen, wenn Ursachen bekannt sind
Risiken:
- kann zu Abhängigkeit vom Einschlafimpuls führen
- zu hoch dosiert (3–10 mg) → paradox wachmachend
- kann zu Albträumen, Benommenheit oder hormoneller Verschiebung führen
- nicht ohne Rücksprache bei Kindern, Schwangeren, Epilepsie, Autoimmunerkrankungen
Melatonin ist ein Taktgeber, kein Schlafmittel – es hilft beim Einschlafen, macht aber nicht automatisch schläfrig.
Tipp: Melatonin als Abendroutine aktivieren
- ab 20 Uhr Licht dämpfen
- Routine: Lesen, ruhige Musik, Entspannungsübungen
- Einschlafritual = Signal für Melatoninstart
Melatonin ist dein innerer Sonnenuntergang
Melatonin ist kein Wundermittel, sondern ein natürliches Werkzeug deines Körpers, um zwischen Tag und Nacht zu unterscheiden. Wenn du es stärkst – durch Rhythmus, Licht, Ruhe – förderst du tiefen, erholsamen Schlaf ohne äußere Hilfsmittel.
Schlaf beginnt nicht mit Müdigkeit. Sondern mit Dunkelheit und innerer Ruhe.